Allgemeinmedizin Dr. Ute Streichan

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News

Klar sehen - Therapieoptionen des Grauen Stars

„Wie durch einen Schleier“ so oder so ähnlich beschreiben Betroffene des Grauen Stars ihre visuelle Wahrnehmung. Wenn man die Welt wie durch Nebel wahrnimmt, fallen alltägliche Aufgaben schwer. Lesen, Autofahren, Einkaufen – was zuvor Nebensache war, wird zur großen Herausforderung. Die Sturzgefahr kann sich erhöhen und in der Folge kann es leichter zu Verletzungen kommen. Abhilfe kann ein operativer Linsentausch schaffen. Linsentrübung streut das Licht Wie kommt es zu diesem Krankheitsbild? Beim Grauen Star trübt sich die Linse in einem oder an beiden Augen. Grund dafür ist das Alter: Dr. Inger Lüdeke, refraktiv chirurgisch-tätige Augenärztin und Vorstandsmitglied im Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e.V. (BVA) weiß: „Der Graue Star ist eine Erkrankung, deren Häufigkeit mit steigendem Lebensalter zunimmt. Als Kind haben wir in der Regel eine glasklare Linse, wodurch das Licht ungehindert in unser Auge gelangen kann, und gutes Sehen ermöglicht. Im Laufe des Lebens wird die Linse immer trüber, vergleichbar mit einer Fensterscheibe, die nie geputzt wird. Das einfallende Licht kann nicht mehr ungehindert auf die Netzhaut gelangen und die Sicht wird schlecht.“ Betroffene erleben eine schleichende, schmerzfreie Verschlechterung der Sicht. Oft klagen sie über eine veränderte Farbwahrnehmung und aufgrund vermehrter Streuung des Lichts über steigende Blendempfindlichkeit.

Katarakt ist eine Alterserkrankung In Deutschland weist fast die Hälfte der Bevölkerung zwischen 52 und 64 Jahren einen Grauen Star auf, ohne signifikante Einschränkungen im Sehen wahrzunehmen. Das ändert sich mit steigendem Alter: ab 65 Jahren sind es fast 90%. Wie schwerwiegend die Sehbeeinträchtigungen sind, hängt sowohl mit dem individuellen Krankheitsbild als auch der subjektiven Wahrnehmung zusammen. „Solange Sie sich in Ihrem Alltag zurechtfinden und sich nicht beeinträchtigt fühlen, ist ein Eingriff nicht nötig. Sobald jedoch Ihre Sehleistung abnimmt, eine stärkere Blendung einsetzt und Sie sich nicht mehr sicher fühlen, sollten Sie mit Ihrem Augenarzt bzw. Augenärztin darüber sprechen.“, rät Lüdeke. Wer regelmäßig Auto fährt, sollte sich und die eigene Sehwahrnehmung zudem kritisch und aufrichtig hinterfragen Denn: Schlechte Sicht kann im Straßenverkehr schnell zur Gefahr werden, wenn Hindernisse übersehen und Situationen falsch eingeschätzt werden.

Linsentausch mittels Operation Eine Katarakt kann nicht medikamentös therapiert werden. Die einzige Behandlungsmethode besteht in einem chirurgischen Eingriff. „Bei der Kataraktoperation wird die getrübte Linse durch eine neue, künstliche Linse ersetzt. In der Regel kann der kurz-dauernde Eingriff ambulant erfolgen“, so die Refraktivchirurgin. Durch die modernen Verfahren gelten die Eingriffe als sehr sicher – Komplikationen treten nur selten auf. „Patientinnen und Patienten können zumeist nach der Operation direkt nach Hause zurückkehren.“

Seit über 20 Jahren klärt die Woche des Sehens mit vielfältigen Aktionen deutschlandweit über die Bedeutung guten Sehvermögens, die Ursachen vermeidbarer Blindheit auf und macht auf die Situation Sehbehinderter Menschen in Deutschland sowie den Ländern des globalen Südens aufmerksam. Auch in diesem Jahr übernimmt Gundula Gause die Schirmherrschaft der Kampagne. Aktionspartner der Woche des Sehens sind die Christoffel-Blindenmission, der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband, der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands, das Deutsche Komitee zur Verhütung von Blindheit, die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft, der Deutsche Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf sowie die PRO RETINA Deutschland. Unterstützt wird die Woche des Sehens von der Aktion Mensch.

Herzschwäche: Warum auch Bewegung, Entspannung und gesunde Ernährung helfen

Zwar ist die Herzschwäche (Herzinsuffizienz) mit bis zu vier Millionen Betroffenen in Deutschland nicht heilbar. Dennoch kann die Kardiologie dank moderner Therapien in Form von Medikamenten, interventionellen und chirurgischen Verfahren die Entwicklung einer Herzinsuffizienz verlangsamen, die Prognose der Patienten verbessern und im Einzelfall den plötzlichen Herztod abwenden. „Ein elementarer Baustein der Herzinsuffizienztherapie ist jedoch die Prävention durch einen gesunden Lebensstil“, betont der Reha-Spezialist und Kardiologe Prof. Dr. Bernhard Schwaab, Vorstandsmitglied der Deutschen Herzstiftung, anlässlich der bundesweiten Herzwochen zur Herzinsuffizienz (Motto: „Stärke Dein Herz! Herzschwäche erkennen und behandeln“) mit Infos unter herzstiftung.de/herzwochen Warum Prävention bei der Herzschwäche so bedeutsam ist, lässt sich an den häufigsten Ursachen oder Risikokrankheiten der Herzinsuffizienz zeigen. Das sind insbesondere

  • die koronare Herzkrankheit (KHK): Arteriosklerose oder „Verkalkung“ der Herzkranzarterien, wodurch ein Herzinfarkt entstehen kann,
  • ein unkontrollierter Bluthochdruck,
  • Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit),
  • und Übergewicht mit Schwerpunkt am Bauch.
  • Fehlende Entspannung, schlechter Schlaf
„Werden diese Herz- und Gefäßerkrankungen beziehungsweise Risikofaktoren kontrolliert und bei Bedarf reduziert – auch durch einen gesunden Lebensstil –, lässt sich effektiv eine Herzschwäche verhindern. Oder man kann das Voranschreiten einer bestehenden Herzschwäche deutlich verlangsamen“, hebt der Chefarzt an der Curschmann-Klinik, einem Rehabilitationskrankenhaus für Kardiologie und Angiologie in Timmendorfer Strand hervor. Weil die Medizin eine Herzschwäche bisher nicht heilen kann, sei es umso wichtiger, „alle Möglichkeiten eines gesunden Lebensstils auszuschöpfen, damit die Herzschwäche erst gar nicht entsteht und das Leben mit dieser chronischen Erkrankung lebenswert bleibt. Dazu zählt auch der Verzicht aufs Rauchen, eine der wichtigsten Einzelmaßnahmen, Herz und Gefäße zu schonen“, erklärt Schwaab. Das Eigenengagement der Betroffenen sei für einen gesunden Lebensstil als Therapiebestandteil unerlässlich. „Ohne ihre aktive Rolle geht es nicht“, betont Schwaab.Herzinsuffizienz: Nicht nur das Herz, auch andere Muskeln leiden Weil mit der Herzschwäche aufgrund der verminderten Pumpleistung alle Organe wie Gehirn, Leber, Niere oder Lunge nicht mehr ausreichend durchblutet werden, kommt es zu beschwerlichen Symptomen wie Luftnot bei körperlicher Belastung oder Abgeschlagenheit. Neben dem Herzen sind auch sämtliche Muskeln wie die Arm-, Bein-, Bauch-, Rücken- und Atemmuskulatur von der verminderten Durchblutung betroffen. Deshalb erstreckt sich die körperliche Schwächung auch auf diese Körperpartien – mit leidvollen Folgen für die Patienten: das Treppensteigen wird zur Tortur oder Luftnot bei Belastung erschwert den Alltag.

Fitter im Alltag: Neben Ausdauer auch Muskeln trainieren Körperliches Training ist ein entscheidender Hebel für Herzschwächepatienten, um im Alltag mobil bleiben zu können und dadurch Lebensqualität zu behalten oder zu verbessern. Die Bewegungstherapie bei Patienten mit Herzschwäche entlastet den Herzmuskel, indem vor allem die periphere (äußere) Muskulatur und die Atemmuskulatur gestärkt werden. Der Effekt dabei:
  • stärkere Bein-, Bauch- und Rückenmuskulatur lässt Betroffene leichter Treppen steigen
  • kräftigere Arme können besser heben und tragen,
  • eine stärkere Atemmuskulatur wird auch bei häufigem und schnellerem Atmen während einer Anstrengung nicht so schnell müde.
„Eine stärkere äußere Muskulatur entlastet den schwachen Herzmuskel und die Patienten haben weniger Luftnot bei körperlichen Aktivitäten im Alltag“, weiß Prof. Schwaab aus Erfahrung mit Patienten. Studien haben gezeigt, dass diese Art Trainingstherapie für das schwache Herz unbedenklich ist und von den Patienten gut vertragen wird.

Bessere körperliche Belastbarkeit im Alltag = bessere Lebensqualität Grundlage der Bewegungstherapie ist ein Ausdauertraining auf dem Fahrradergometer und/oder etwa Nordic Walking im Freien. Auch Rudern, auf dem Laufband trainieren oder tanzen sind auch möglich – „im Prinzip jede Form der Ausdauerbelastung“, so Reha-Spezialist Prof. Schwaab. Ein Ausdauertraining von 30 Minuten mehrmals in der Woche kann die Sauerstoffaufnahme und körperliche Belastbarkeit deutlich verbessern.

Hinzu kommt ein muskuläres Kraft-Ausdauer-Training, auch dynamisches Krafttraining genannt, an Geräten, mit Hanteln oder elastischen Bändern. Empfohlen werden geringe Gewichte und häufige Wiederholungen. „Pressatmung während des Trainings ist unbedingt zu vermeiden. Stattdessen atmet man mit offenem Mund im Rhythmus der Bewegung mit dem Gerät oder einer Hantel ein und aus“, erklärt der Reha-Mediziner. Wichtig: Vor Beginn der Bewegungstherapie sollten Patienten mit einem Kardiologen die geeignete Trainingsstärke festlegen. Zu Beginn empfiehlt es sich außerdem, das Training unter ärztlicher Kontrolle in einer ambulanten Herzinsuffizienzgruppe zu betreiben. „Wer sich regelmäßig einer Bewegungstherapie unterzieht sowie Dauer und Intensität des Trainings langsam erhöht, kann so die körperliche Belastbarkeit im Alltag steigern. Das verbessert die Lebensqualität“, betont der Herzstiftungs-Vorstand. Als Sturz-Prophylaxe eignet sich zusätzlich eine spezielle Gymnastik zur Verbesserung von Koordination, Gleichgewicht und Beweglichkeit.

Ambulante Herzinsuffizienzgruppen (HIG) ermöglichen Patienten mit Herzschwäche ein wohnortnahes Trainingsprogramm. HIG sind seit 2022 von allen Trägern der gesetzlichen Kranken-, Renten- und Unfallversicherung anerkannt. Jeder Arzt kann die Teilnahme an einer HIG verordnen. Infos zur Kardiologischen Reha und HIG: herzstiftung.de/reha-broschuere

Hilfen bei Ängsten und Depressionen Akute Luftnot und die damit verbundenen Einschränkungen im Alltag führen bei Herzschwächepatienten sehr häufig zu Angstzuständen oder zu einer Depression. Im Rahmen der ambulanten Betreuung kann bei Ängsten und depressiven Zuständen eine psychologische Therapie eingeleitet werden, die den Patienten hilft, die Krankheit besser zu verarbeiten, Ängste abzubauen und sich entspannen zu können. Entspannungsformen können Musik, Malen, Atemübungen, Yoga, autogenes Training, Spazierengehen oder anderes sein, was individuell hilft. „Ziel einer begleitenden ärztlichen oder psychologischen Therapie ist es, die Angst im Alltag zu nehmen, damit Patienten das Vertrauen in den eigenen Körper und damit ihre gewohnte Sicherheit zurückbekommen.“ In diesem Kontext spielt auch die Bewältigung weiterer Belastungsfaktoren wie andauernder Stress und seine Auswirkung auf Schlaf, den Konsum von Alkohol und anderen Rauschmitteln sowie Atemstörungen im Schlaf (Atemaussetzer, Schnarchen) eine wichtige Rolle. Denn diese Faktoren können wiederum das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall erhöhen und eine Entgleisung der Herzschwäche befördern. Infos: herzstiftung.de/podcast-herzschwaeche-psyche

Gesund ernähren: Herzschwäche stabil halten oder verbessern Eine ausgewogene und gesunde Ernährungsweise trägt durch verschiedene Komponenten dazu bei, eine Herzschwäche stabil zu halten, indem sie etwa hilft, Belastungsfaktoren wie Übergewicht, Muskelabbau, Bluthochdruck oder Diabetes zu vermeiden. Dazu zählen folgende Komponenten:

Zufuhr von Eiweiß: Eine Zufuhr während des körperlichen Trainings von 0,8 bis 1,0 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag – bei gesunder Nierenfunktion – ist wichtig für den Muskelaufbau und, um einem schleichenden Muskelschwund (Kachexie) entgegenzuwirken.

Konsum von Salz: Bei Herzschwäche ist Salz nur begrenzt zu konsumieren. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt höchstens fünf Gramm Salz am Tag. Die ideale Menge kann jedoch variieren, da Patienten sehr unterschiedlich auf Salz in der Nahrung reagieren. Grundsätzlich: Salz bindet Wasser im Körper, dadurch kann der Blutdruck ansteigen und dieser höhere Blutdruck wiederum belastet das schwache Herz zusätzlich. Daher sollten Herzschwächepatienten übermäßigen Salzverbrauch im Essen vermeiden. Entscheidend ist jedoch nicht die gemessene Menge an Salz, sondern, dass der tägliche Salzkonsum nicht zu einem höheren Blutdruck und zu Wassereinlagerungen führt.

Auf die Trinkmenge achten: Je nach Witterung/Außentemperatur, je nach körperlicher Aktivität und damit verbundenem Schwitzen, je nach Nierenfunktion und Ausmaß der Herzschwäche und eventuell Wassereinlagerungen ist die Trinkmenge individuell festzulegen. Wenn Diuretika zu hoch dosiert eingenommen werden, kann der Körper zu trocken werden – es kommt zu Verwirrtheit und schnellem Herzschlag oder die Mineralstoffe im Blut (Natrium, Kalium) sinken zu weit ab. Besonders an heißen Tagen sollten Herzschwächepatienten darauf achten, genügend zu trinken, aber auch nicht zu viel: über 2 Liter am Tag sind wegen der Diuretika-Einnahme zu vermeiden. Auch kann eine übermäßige Flüssigkeitszufuhr bei herzkranken Patienten die Herzleistung verschlechtern. Die Trinkmenge am besten mit Ärztin/Arzt individuell besprechen. Sehr wichtig ist das tägliche Wiegen, um Wassereinlagerungen im Körper frühzeitig zu entdecken.

Zucker vermeiden: Viel Zucker in Lebensmitteln (oft versteckt in Fertigprodukten) und Getränken erhöht das Risiko für Übergewicht, Bluthochdruck und Diabetes, was sich ungünstig auf eine Herzschwäche auswirkt.

Mittelmeerküche: Herzschutz auf dem Teller Für Herzpatienten und auch bei Herzschwäche empfiehlt die Deutsche Herzstiftung die Mittelmeerküche, weil sie das Risiko für Herz- und Gefäßerkrankungen deutlich reduzieren kann, indem sie mehrere Aspekte für den Herzschutz wie beispielsweise Gewichtskontrolle, Salzverzicht oder die Reduktion von Entzündungseffekten kombiniert.

Das Konzept der mediterranen Kost setzt auf einen hohen Anteil an Gemüse, Obst, Salat, Hülsenfrüchten, Nüssen und Samen sowie auf Oliven- und Rapsöl und auf Kräuter anstelle von Salz. Fisch, Meeresfrüchte und Geflügel werden gegenüber rotem Fleisch bevorzugt. Speziell der tägliche Konsum von ausreichend Gemüse und Ballaststoffen (mindestens 30 Gramm Ballaststoffe pro Tag) kann durch den relativ geringen Energiegehalt dieser Nahrungsmittel dazu beitragen, das Körpergewicht stabil zu halten und Übergewicht zu vermeiden. Der hohe Anteil an Gemüse, Früchten und Vollkornprodukten liefert wichtige Nährstoffe und Antioxidantien, die Entzündungen im Körper reduzieren können. „Als herzgesunde Ernährungsweise trägt die Mittelmeerküche zur Senkung des Risikos für Herz- und Gefäßerkrankungen bei“, bestätigt der Herzstiftungs-Vorstand Prof. Schwaab. Infos unter herzstiftung.de/mediterrane-ernaehrung

Diabetes-Komplikationen verhindern, Lebenserwartung steigern

Eine frühzeitige Diagnose und die darauffolgende intensivierte Therapie bei Diabetes mellitus Typ 2 kann das Risiko für schwerwiegende gesundheitliche Komplikationen wie Sterblichkeit, Herzinfarkt und Durchblutungsstörungen deutlich verringern. Dies zeigt eine neue Langzeitstudie im Fachmagazin „The Lancet“, die den nachhaltigen Nutzen einer frühen Intervention auch nach über zwei Jahrzehnten bestätigt. Die Ergebnisse untermauern die Forderung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) nach verstärkten Screening-Maßnahmen, um einen Typ-2-Diabetes frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Hierfür müssen im Zuge der geplanten Krankenhausreform die notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen bereitgestellt werden, um auch in Zukunft eine hochwertige Diabetesversorgung sicherzustellen.

In Deutschland gibt es schätzungsweise 2 Millionen Menschen mit unentdecktem Diabetes mellitus Typ 2. „Zu viele!“, warnt Professorin Dr. univ. Julia Szendrödi, Vizepräsidentin der DDG. „Denn je länger ein Diabetes unentdeckt voranschreitet, desto mehr steigt die Gefahr für Folgeerkrankungen wie koronare Herzkrankheit, Schlaganfall, oder Schäden an Gefäßen, die wiederum zu schweren Organerkrankungen führen können“, führt die Ärztliche Direktorin der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie, Stoffwechselkrankheiten und Klinische Chemie am Universitätsklinikum Heidelberg aus. „Eine aktuelle Lancet-Studie bestätigt nun eindrucksvoll, dass eine frühzeitige Diagnostik und die darauffolgende intensivierte Therapie diabetesbedingte Komplikationen verhindern und damit die Lebenserwartung steigern kann.“ [1].

10 Prozent weniger Sterblichkeit durch frühe Therapie

Die UKPDS-Studie (United Kingdom Prospective Diabetes Study) von 1998 zeigte an 3.867 Menschen mit Typ 2 Diabetes ein reduziertes Risiko für Folgeerkrankungen bei frühzeitiger Therapie [2]. Dabei wurden zwei Gruppen miteinander verglichen: die Kontrollgruppe wurde zunächst ausschließlich durch eine Ernährungsumstellung behandelt, wobei höhere Nüchtern-Blutzuckerwerte bis zu 15 mmol/l (270 mg/dl) toleriert wurden. Die Interventionsgruppe erhielt von Anfang an eine intensive Blutzuckerbehandlung mit Medikamenten wie Sulfonylharnstoffen oder Insulin, um den Blutzuckerspiegel schnell auf unter 6 mmol/l (108 mg/dl) zu senken. Bereits nach einer Beobachtungszeit von 10 Jahren zeigte sich, dass diese intensiv behandelte Gruppe signifikante gesundheitliche Vorteile hatte: Das Risiko für diabetesbedingte Komplikationen war um 12 Prozent gesenkt und das Risiko für Herzinfarkte sogar um 16 Prozent reduziert.

Die aktuell erschienene Nachbeobachtungsstudie der UKPDS bestätigt nun, dass die Vorteile einer frühzeitigen Blutzuckerkontrolle auch 24 Jahre später noch nachweisbar sind. In der Gruppe, die sofort intensiv behandelt wurde, war das Risiko für sämtliche Todesursachen um 10 Prozent verringert. Besonders bemerkenswert ist die Senkung des Herzinfarktrisikos um 17 Prozent und des Risikos für Erkrankungen der kleinen Blutgefäße um 24 Prozent. „Diese langfristigen positiven Effekte bleiben auch dann bestehen, wenn sich die Blutzuckerwerte der anfänglich intensiv behandelten Patienten später denen der konservativ behandelten Gruppe angleichen“, kommentiert Szendrödi. Bei Patientinnen und Patienten, die zunächst nur durch eine Diät behandelt und später auf Medikamente umgestellt wurden, konnte kein vergleichbarer positiver Langzeiteffekt festgestellt werden.

Obwohl die UKPDS-Studie auf älteren Therapieansätzen basiert, verdeutlichen die Ergebnisse eindrucksvoll den Nutzen einer frühen Diagnose und sofortigen darauf abgestimmten, intensiven Therapie des Diabetes Typ 2. Es zeigt sich, dass nicht nur die Lebenserwartung durch eine frühzeitige Intervention erhöht werden kann, sondern auch die Lebensqualität, indem das Risiko für schwerwiegende Folgeerkrankungen reduziert wird. „In Kombination mit den heutigen modernen Behandlungsoptionen und einem verbesserten Verständnis für die Bedeutung einer guten Arzt-Patienten-Kommunikation (Therapieadhärenz) haben wir heute mehr denn je die Möglichkeit, die Versorgung von Menschen mit Typ-2-Diabetes weiter zu optimieren und ihre Lebensqualität nachhaltig zu verbessern“, so Szendrödi.

Besonders wichtig ist die Studie auch im Kontext der Gendermedizin: „Frauen mit Diabetes haben ein höheres Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen als Männer. Eine frühzeitige Behandlung ist bei ihnen also umso wichtiger“, gibt Szendrödi zu bedenken.

Konsequentes Diabetes-Screening rettet Lebensjahre

Der Check-up der gesetzlichen Krankenkassen ermöglicht, bei entsprechenden Risiken, die einmalige Glukosebestimmung schon zwischen 18 und 35 Jahren, ab 35 Jahren grundsätzlich alle 3 Jahre. „Damit bietet das Gesundheitssystem gute Chancen, einen Diabetes früh zu erkennen. Diese Möglichkeiten müssen auch konsequent genutzt werden – insbesondere bei Risikopatientinnen und -patienten. Das Diabetes-Screening sollte mittels Nüchternglukose oder HbA1c stattfinden“, rät DDG Präsident Professor Dr. med. Andreas Fritsche. Zusätzlich empfiehlt die DDG, bei allen Patientinnen und Patienten ab 50 Jahren während eines Krankenhausaufenthalts routinemäßig bei der Blutabnahme ein HbA1c-Screening durchzuführen, um beginnenden Typ-2-Diabetes rechtzeitig zu erkennen [3].

Gesundheitspolitische Konsequenzen aus der Studie

Angesichts der erwarteten 12 Millionen Diabeteserkrankungen in den nächsten 10 Jahren fordert die DDG, dass im Rahmen der geplanten Krankenhausreform und der Änderungen der ambulanten Versorgung die notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen bereitgestellt werden, um auch in Zukunft eine hochwertige Diabetesversorgung sicherzustellen. „Eine hohe Versorgungsqualität erfordert Fachkompetenz. Der Gesetzgeber muss sicherstellen, dass Krankenhäuser in der Lage sind, angemessene Weiterbildung und Ausbildung in der Diabetologie anzubieten“, so Szendrödi. Sie verweist damit auf die Forderungen, die die DDG seit Monaten an das Bundesgesundheitsministerium adressiert [4].

Literatur

[1] Adler, Amanda I., et al. "Post-trial monitoring of a randomised controlled trial of intensive glycaemic control in type 2 diabetes extended from 10 years to 24 years (UKPDS 91)." The Lancet (2024). 404:145-155.

[2] UKPDS Study Group. Intensive blood-glucose control with sulphonylureas or insulin compared with conventional treatment and risk of complications in patients with type 2 diabetes (UKPDS 33). Lancet 1998; 352: 837–5

[3] Kufeldt J et al. Prevalence and Distribution of Diabetes Mellitus in a Maximum Care Hospital: Urgent Need for HbA1c-Screening. Exp Clin Endocrinol Diabetes. (2018) 126:123-129.

[4] DDG fordert: Gesetz muss diabetologische Weiterbildung und Fachkompetenz stärken!: Deutsche Diabetes Gesellschaft e.V.

14.11.2024 DGA | Quelle: Deutsche Diabetes Gesellschaft e.V.

Mehr Rückhalt für niedergelassene Ärzte, Zahnärzte und Apotheker

Die hochwertige flächendeckende Gesundheitsversorgung in Deutschland steht vor einer Bewährungsprobe: Ärzte, Zahnärzte und Apotheker arbeiten am Limit ihrer Kapazitäten und werden dabei zunehmend durch strikte Regulierung, Bürokratie und Kostendruck im Gesundheitssystem belastet. Dies hat direkte Auswirkungen auf die Patientinnen und Patienten. Eine gemeinsame Kampagne der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank) und der zentralen Gesundheitsorganisationen, die heute unter dem Hashtag #GuteVersorgungVorOrt startet, soll den Wert der ambulanten Versorgung verdeutlichen.

„Mit dieser Initiative wollen wir den Ernst der Lage bekräftigen und das Bewusstsein in der Bevölkerung für die aktuelle Situation schärfen“, sagt Matthias Schellenberg, Vorstandsvorsitzender der apoBank. „Es sollte für uns als Gesellschaft eine Grundsatzfrage sein, welche Gesundheitsversorgung wir uns für die Zukunft wünschen. Auf dem Spiel steht ein einzigartiges System geprägt von (zahn-)medizinischer Autonomie, freier (Zahn-)Arztwahl für die Patienten und Fachexpertise in Apotheken vor Ort – ein System von hoher Qualität, mit kurzen Wegen und geschützt vor unqualifiziertem Wettbewerb.“

Die Heilberuflerinnen und Heilberufler signalisieren schon seit Langem, dass überbordende Bürokratie und wirtschaftliche Zwänge ihren Arbeitsalltag immer mehr erschweren. „Wir brauchen einen Masterplan für die Gesundheit, der nicht über die Köpfe der Heilberufler hinweg, sondern gemeinsam mit ihnen entwickelt wird“, sagt Schellenberg. „Ärzte, Zahnärzte und Apotheker sind das Rückgrat der Patientenversorgung und es ist an der Zeit, ihnen den Rücken zu stärken. Es geht um die Zukunft der Praxis und Apotheke um die Ecke – und damit um die Gesundheit aller Bürgerinnen und Bürger in Deutschland.“

Der aktuelle gesundheitspolitische Kurs stößt auf große Kritik seitens der führenden Organisationen der Heilberufe. Sie warnen vor einer drohenden Versorgungslücke und machen auf den dringenden Handlungsbedarf der Politik aufmerksam.

Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV):
„Ohne die Praxen der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sowie der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ist eine qualitativ hochwertige und flächendeckende Versorgung in Deutschland nicht möglich. Eigentlich hat sich die Politik richtigerweise für eine Stärkung der ambulanten Versorgung ausgesprochen. Doch die Realität sieht anders aus. Keines der derzeit aktuellen Gesetzesvorhaben schafft mehr Arztzeit, geschweige denn mehr Ärztinnen und Ärzte. Im Gegenteil: Sie machen Praxen als Arbeitsplätze noch unattraktiver, sowohl für gründende oder übernehmende Kolleginnen und Kollegen als auch für das Personal.“

Martin Hendges, Vorstandsvorsitzender der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV):
„Es sind gerade die selbstständig und freiberuflich tätigen Zahnärztinnen und Zahnärzte, die in Deutschland eine Versorgung sicherstellen, die so gut ist wie in keinem anderen europäischen Land und die auf einer vertrauensvollen Arzt-Patienten-Beziehung beruht. Diese qualitativ hochwertige und vor allem flächendeckende zahnärztliche Versorgung, wie sie unsere Patientinnen und Patienten gewohnt sind, ist aber unter den aktuellen politischen Rahmenbedingungen alles andere als zukunftssicher. Denn mit einer Politik, die sich zunehmend an staatlichen Strukturen statt an einer funktionierenden Selbstverwaltung orientiert, wird es nicht gelingen, diese aufrechtzuerhalten und den erfolgreichen Weg einer präventionsorientierten Zahnmedizin weiterzugehen. Im Sinne einer bewährten und patientenorientierten Versorgung muss die Politik daher endlich wieder den Fokus auf die inhabergeführten Praxen richten und für sie gute und verlässliche Rahmenbedingungen schaffen.“

Prof. Dr. Christoph Benz, Präsident der Bundeszahnärztekammer (BZÄK):
„Die aktuellen politischen Reformen könnten die bewährte Versorgung vor Ort stark verändern. Die kleinen, wohnortnahen Praxen sind doch das Herzstück der Gesundheitsversorgung. Sie bieten flexible, patientennahe Lösungen und reagieren schnell auf lokale Bedürfnisse. Wir müssen die Haus-/Zahnarztpraxis als Kern der künftigen Versorgung stärken – besonders in kleineren Städten und ländlichen Gebieten. Und sie von Bürokratie entlasten. Diese Praxen sind die tragenden Säulen einer modernen Zukunft. Gerade im Lokalen sind sie unverzichtbar, um die Qualität und Erreichbarkeit der Versorgung langfristig zu sichern. Staatsnahe Versorgungsstrukturen wie in Großbritannien sehen wir äußerst kritisch.“

Gabriele Overwiening, Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V. (ABDA):
„Wir freuen uns sehr, dass wir gemeinsam mit den ärztlichen Berufsorganisationen und der apoBank dieses deutliche Signal zum Erhalt der freien Heilberufe aussenden. Unsere Patientinnen und Patienten brauchen starke und leistungsfähige Apotheken und Praxen sowie einen dauerhaften, niedrigschwelligen Zugang zur heilberuflichen Beratung! Doch leider sinkt die Anzahl der Apotheken seit Längerem rapide, weil sie seit elf Jahren von allen Kostenentwicklungen abgekoppelt sind. Und die aktuelle Idee des Bundesgesundheitsministeriums, nach der Apotheken ohne Apothekerinnen und Apotheker möglich sein sollen, wird die Versorgung noch weiter ausdünnen. Denn so kann es keine sichere Arzneimittelversorgung geben und es kommt zu zahlreichen Leistungskürzungen und Qualitätseinbußen für unsere Patientinnen und Patienten. Deswegen ist die gemeinsame Kampagne so wichtig: Sie zeigt, wie groß die Bedeutung der Heilberuflerinnen und Heilberufler für die Bevölkerung ist.“



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